Formelles und materielles Bauordnungsrecht

Das Bauordnungsrecht besteht im Wesentlichen aus zwei Bestandteilen, dem formellen Bauordnungsrecht und dem materiellen Bauordnungsrecht.

Das formelle Bauordnungsrecht befasst sich vor allem mit den verfahrensrechtlichen Aspekten des Bauordnungsrechts. Das wichtigste Verfahren ist dabei das Baugenehmigungsverfahren, in dessen Zuge Baugenehmigungen erteilt werden. Daneben befasst sich das formelle Bauordnungsrecht mit der Organisation, der Zuständigkeit und den Befugnissen von Bauaufsichtsbehörden.

Das formelle Bauordnungsrecht bestimmt die Bauaufsichtsbehörden und legt fest, welche Befugnisse welche Behörde hat.

Sachlich zuständig für die Wahrnehmung der Aufgaben der Bauaufsicht sind regelmäßig, soweit in der jeweiligen Landesbauordnung oder anderweitig nichts anderes bestimmt ist, die unteren Bauaufsichtsbehörden. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus der jeweiligen Landesgesetzgebung.

Die Grundaufgabe der Bauaufsichtsbehörden ist es, bei baulichen Anlagen für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften und der aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen zu sorgen. Hierfür können Bauaufsichtsbehörden auch die Einstellung von Arbeiten an einem Bauvorhaben anordnen oder bei einer widerrechtlich erbauten baulichen Anlage deren Abbruch anordnen.

Das formelle Bauordnungsrecht regelt die Zulassungsverfahren. Dafür unterscheidet es zwischen verschiedenen Bauvorhaben.

Es gibt genehmigungsfreie Bauvorhaben, bei denen es um einfache bauliche Anlagen geht, die im Geltungsbereich bereits existierender Bebauungspläne liegen. Hierfür muss der Bauherr nur die nötigen Planunterlagen der zuständigen Baubehörde vorlegen.

Es gibt auch verfahrensfreie Bauvorhaben, die keinerlei Genehmigungsverfahren durchlaufen müssen und für die somit kein Bauantrag gestellt werden muss. Hierbei handelt es sich um Bauvorhaben wie Außenwandverkleidungen oder Terrassenüberdachungen.

Weiterhin gibt es die vereinfachten Baugenehmigungsverfahren, bei denen der Bauherr alle Planunterlagen einreichen muss und eine beschränkte Prüfung durch die Behörde vorgenommen wird. Vereinfachte Baugenehmigungsverfahren sind für die Errichtung von kleinen Wohngebäuden gedacht, die außerhalb des Geltungsbereiches eines Bebauungsplans errichtet werden soll.

Alle anderen Bauvorhaben, die der Errichtung, Veränderung oder Nutzungsänderung einer baulichen Anlage dienen, sind genehmigungspflichtig und unterlaufen einem Baugenehmigungsverfahren. Für diese ist ein Bauantrag vonnöten.

Das formelle Bauordnungsrecht legt weiterhin auch fest, wer die an einem Bau beteiligten Personen sind. Dies sind unter anderem der Bauherr, der verantwortlich für die Bestellung von geeigneten Personen ist, der Entwurfsverfasser, der für den Entwurf hauptverantwortlich ist und die Unternehmer, welche für die eigentlichen Arbeitsausführungen verantwortlich sind. Daneben auch der Bauleiter, der die Ausführungen überwacht.

Das materielle Bauordnungsrecht legt Vorschriften über die Anforderungen von baulichen Anlagen fest. Dabei befasst sich das materielle Bauordnungsrecht vor allem mit der Gefahrenabwehr. Hierfür bestimmt es beispielsweise welche Anforderungen an bauliche Anlagen zu stellen sind und trifft Regelungen über die Güte von Bauprodukten.

Nach dem materiellen Bauordnungsrecht müssen bauliche Anlagen, Grundstücke und alle anderen Anlagen und Einrichtungen so angeordnet, errichtet, geändert, instand gehalten und im Zweifel abgebrochen werden, sodass die öffentliche Sicherheit und die öffentliche Ordnung dadurch nicht bedroht wird. Hierfür stellt das materielle Bauordnungsrecht bautechnische Anforderungen.

Zu den wesentlichen bautechnischen Anforderungen gehören Zugänge und Zufahrten zum Grundstück. Bauliche Anlagen müssen auf Grundstücken so errichtet sein, dass die Benutzbarkeit und die Zugänglichkeit gewährleistet wird.

Weiterhin müssen vor den Außenwänden der baulichen Anlagen Abstandsflächen liegen. Diese Abstandsflächen dürfen nicht mit anderen baulichen Anlagen bebaut werden. Ausgenommen von diesem Verbot sind Kleinbauten. Durch die Abstandsflächen soll sichergestellt werden, dass die Nachbarn der baulichen Anlage und auch die Bewohner der baulichen Anlage selbst, nicht durch den Entzug von Sonnenlicht oder Luft beeinträchtigt werden. Weiterhin sorgen die Abstandsflächen auch für einen besseren Brandschutz.

Zu den wesentlichen Anforderungen zählt auch, dass die baulichen Anlagen mit ihrer Umgebung in Einklang gebracht werden. Sie dürfen das Straßen-, das Orts- und das Landschaftsbild nicht verunstalten und die bauliche Anlage als solche sollte ebenso nicht deformiert sein. Verunstaltet bedeutet dabei, dass ein sogenannter Durchschnittsbetrachter in seinem ästhetischen Empfinden verletzt ist, wenn er das Gebäude an sich und in Bezug seiner Umgebung ansieht.

Das materielle Bauordnungsrecht legt darüber hinaus auch fest, welche Bauprodukte und Bauarten verwendet werden dürfen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Bauprodukte und die Bauart, die für die beabsichtige Nutzung erforderlichen Anforderungen erfüllen. Dementsprechend dürfen nur vorher zugelassene Bauprodukte für den Bau einer baulichen Anlage verwendet werden. Zu den Bauprodukten zählen alle Baustoffe, Bauteile und Anlagen, die hergestellt worden sind, um sie dauerhaft in eine bauliche Anlage einzubauen. Des Weiteren zählen auch Anlagen, die aus Baustoffen und Bauteilen gefertigt worden sind, die mit dem Erdboden verbunden werden sollen, also beispielsweise Fertighäuser und Silos.

Das materielle Bauordnungsrecht trifft weiterhin auch Regelungen über den Brandschutz, über Rettungswege, haustechnische Anlagen und Aufzüge in Gebäuden. Grundsätzlich kann jeder Bestandteil eines Bauvorhabens im materiellen Bauordnungsrecht geregelt werden. Das materielle Bauordnungsrecht ist immer an die Bedürfnisse der Menschen angepasst.